Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Stadtverordnetenversammlung Hanau zieht Bilanz zur Arbeit der großen Koalition und stellt fest, dass der Stapel unerledigter Maßnahmen wächst. Anträge werden ignoriert, wichtige Analysen nicht zur Verfügung gestellt. Sowohl im Klimaschutz- und Klimaanpassungsbereich als auch bei der Verkehrswende und bei sozialpolitischen Fragen lasse die Bereitstellung wesentlicher Grundlagen auf sich warten.
„Das wichtigste Möbelstück der großen Koalition in Hanau ist die lange Bank“, dies stellen die Hanauer Grünen fest. Zahlreiche Initiativen und die Erledigung von Anträgen wurden zwar immer wieder angekündigt, eine Umsetzung erfolge nicht. „Die Bürgerinnen und Bürger und auch die politisch agierenden Personen werden wieder und wieder vertröstet, sinnvolle Maßnahmen werden nicht umgesetzt,“ moniert Stefan Weiß, Fraktionsvorsitzender.
Ein Beispiel ist die Fortschreibung des Klimagutachtens, die angekündigte Stadtklimaanalyse. Sie wurde bereits in der letzten Wahlperiode in Auftrag gegeben, erste Zwischenergebnisse wurden im September 2022 vorgestellt und die endgültige Vorstellung für Ende 2022 angekündigt, daraus wurde nichts und die Fertigstellung sollte Ende 2023 erfolgen. Einzelne Ergebnisse wurden beispielsweise auf der Nachhaltigkeitsmesse 2024 vorgestellt. Auf die tatsächliche Stadtklimaanalyse warten die Stadtverordneten jedoch noch. „Wir fragen uns, warum zwar immer wieder auf die Stadtklimaanalyse Bezug genommen wird, die tatsächlichen Daten jedoch nicht den Stadtverordneten und der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden,“ rätselt Angelika Gunkel.
Ähnlich verhält es sich mit der Fortschreibung des Klimaschutzkonzeptes. Im Oktober 2019 wurde die Fortschreibung einstimmig beschlossen, Im Februar 2021 wurde die Einbringung des Konzeptes mit Beschlussfassung durch die Stadtverordnetenversammlung für Mai 2021 angekündigt. Nach mehr als drei Jahren liegt das Konzept noch nicht vor. „Klimaschutz hat wohl für die große Koalition keine hohe Priorität“, befürchten die Grünen. Angesichts der drängenden Probleme, die die Klimakrise auch für Hanau mit sich bringt, ist dies unverständlich. Die Verzögerungen bedingen, dass wichtige Maßnahmen nicht ergriffen werden. Das erste und bisher letzte Klimaschutzkonzept ist im Jahre 2012 erstellt und 2013 beschlossen worden. Die Konzepte sollen eigentlich alle fünf Jahre fortgeschrieben werden.
Auf der langen Bank ruht der Beschluss zur Schwammstadt Hanau, den Antrag hierzu hat die Fraktion „Die Fraktion“ im Juni 2022 gestellt, er wurde von den Grünen unterstützt. Mit einem Änderungsantrag hat die große Koalition lediglich beschlossen, das Konzept Schwammstadt zu prüfen und zu erläutern, welche Maßnahmen bereits umgesetzt wurden. Ein Prüf- bzw. Erläuterungsbericht liegt bisher nicht vor.
Verzögerungen sind auch feststellbar bei der Erstellung eines Rad- und Fußwegekonzeptes angelehnt an das Leitbild Mobilität. Hier haben bereits mehrere Workshops mit Bürgerinnen und Bürgern stattgefunden, in denen ausgewählte Beispiele vorgestellt wurden. Das Konzept sollte bereits vor den Sommerferien vorliegen – steht allerdings noch nicht zur Verfügung. Wilhelm Guth kritisiert: „Das Mobilitätsleitbild ist seit drei Jahren beschlossen. Abgeleitet davon sollten insgesamt sieben Konzepte erarbeitet und mit Bürgerbeteiligung erstellt werden. Fertig ist noch keines.“
Im November 2021 wurde der Antrag der Grünen zur Aktualisierung der „Wohnungspolitischen Leitlinien“ und Überführung in ein „Leitbild Wohnungspolitik“ in den Struktur- und Umweltausschuss verwiesen. Den Weg auf die Tagesordnung des Ausschusses hat der Antrag noch nicht gefunden, obwohl eine Aktualisierung bei Beschlussfassung von allen Fraktionen 2021 als drängend angesehen wurde. „Im Hinblick auf die weiterhin angespannte Wohnungssituation in Hanau ist die Aktualisierung mehr als überfällig“, findet Angelika Gunkel.
Auch eigene Initiativen der großen Koalition landen auf der langen Bank. Beispiele sind die Smart-City-Strategie und die Kommunale Wärmeplanung. Die Smart-City-Strategie wurde für Sommer 2023 angekündigt, laut Beantwortung einer Anfrage der Grünen im April 2024 sollte nur wieder ein Werkstattbericht zu „Digitales Hanau“ vorgelegt werden. Dieser wurde im Juli im Haupt- und Finanzausschuss beraten. Von einer Smart-City-Strategie und der Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern ist nicht mehr die Rede.
Der Magistrat wurde im April 2024 mit der kommunalen Wärmeplanung beauftragt. Voranalysen und die Bildung eines Arbeitskreises fanden bereits im Vorfeld statt. Im Mai 2024 konnte man in einer Pressemitteilung lesen, dass die kommunale Wärmeplanung vorangetrieben werde. Eine Vollbremsung gab es im Juli 2024 mit der Ankündigung, bei der kommunalen Wärmeplanung wegen der Zensuszahlen abzuwarten. „Die Bürgerinnen und Bürger werden wohl in absehbarer Zeit weder informiert noch beteiligt,“ befürchten die Grünen.
Die Liste ließe sich fortsetzen. Die Grünen fordern den Magistrat der Stadt Hanau auf, tätig zu werden, Beschlüsse umzusetzen und bereits erarbeitete Analysen und Konzepte zur Verfügung zu stellen.