Rede zur Aufnahme in das Förderprogramm „Nationale Projekte des Städtebaus“

Robert Erkan – in der Stadtverordnetenversammlung am 13.12.2021

Sehr geehrte Stadtverordnetenvorsteherin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

wir brauchen ein Demokratiezentrum, es ist der dritte Teil der Erkenntnisse nach dem Anschlag vom „19. Februar“, das letztes Jahr hier in diesem Hause am 28. September 2020 als Antrag mündete.

Wer nicht dabei war, dieser Antrag wurde von uns hier damals einstimmig getragen. Das ist gut so und neben der inhaltlichen Ausgestaltung ein wichtiges politisches Signal, über die Stadtgrenzen Hanaus hinaus.

Es wurde eine neue Fachstelle auf dem Weg gebracht: Vielfalt. Und das Zentrum für Demokratie.

Ich zitiere aus der Begründung vom letzten Jahr, die es auf dem Punkt bringt und Auftrag zugleich wurde:

„Das Ziel der Arbeit im „Zentrum für Demokratie und Vielfalt“ ist die Stärkung des Zusammenhalts der lokalen Hanauer Zivilgesellschaft über kulturelle und ethnische Unterschiede hinweg. Es unterstützt die Stärkung des Vertrauens in die Demokratie, engagiert sich gegen Gewalt, Extremismus und Menschenfeindlichkeit.“

Es ist daher außerordentlich, das jetzt nun mit der heutigen Vorlage eine repräsentative und wichtige Ausstattung unter dieser Förderung auf dem Weg gebracht werden soll.
Das ist sehr zu begrüßen.
Das Konzept und deren Eckdaten wurde letztes Jahr bereits klar ausgearbeitet, ich zitiere weiter:

„Die interkulturelle Arbeit in Hanau und seinen Stadtteilen soll unterstützt werden sowie die der Einrichtungen und Institutionen in Hanau. Ansprechbar im Zentrum sind die Verantwortlichen der Fachstelle Vielfalt mit den Förderprogramme „Demokratie Leben! des Bundes, Landesprogramm WIR, DEXT-Fachstelle, Büro des Ausländerbeirates, Behindertenbeauftragten…weitere mögliche Nutzende wie Bürger-Initiativen, Migranten-Vereine, bürgerschaftliche Organisationen, Selbsthilfegruppen, Gemeinwesenarbeit,, Geschäftsstelle für „Internationale Wochen gegen Rassismus“, Antidiskriminierungsstelle, externe Opferberatung für Opfer rassistischer und sexualisierter Gewalt, flankierend die inhaltlichen Zusammenarbeit wie z.B. mit Hanauer Hilfe e.V., Weisser Ring und Frauenhaus.“

Wenn man das liest, es zeigt ein umfassenden wie richtigen Akteuerenkreis, dass zu koordinieren gilt, und es sollte ein Kommunikationskonzept erarbeitet werden. Wir alle haben nun nach 15 Monaten großes Interesse darüber mehr zu erfahren, was die Vorlage heute nicht liefert, wie deren Stand der Umsetzung ist, auch das besagte Kommunikationskonzept.

Was uns stört, dass der Eindruck erweckt wird, dass diese Umsetzung eine örtliche Realisierung vorausgehen muss. Die Beschlusslage letztes Jahr sagt es deutlich andersherum.

Der Ort ist Mittel zum Zweck, nicht Grundlage.

Wir wünschen den Stand der Umsetzung zu hören, ob hier oder im Sozialausschuss und hoffen, hier angemerkt, dass diese wieder stattfinden und nicht wieder kurzfristig abgesagt werden, als hätten wir keine sozialen Themen in Hanau.

In einem Zwischenstandsbericht würden wir gerne hören wollen, wie der Umsetzungsstand der Planungsgruppe ist, ich zitiere wieder aus der Begründung vom letzten Jahr:

„Zum Aufbau des „Zentrums für Demokratie und Vielfalt“ wird eine ressortübergreifende Planungsgruppe eingerichtet, die auch die Beteiligung der verschiedensten Akteure an der Konzeptentwicklung sicherstellt. Für die Konzeptentwicklung und den Aufbau des Zentrums wird eine Werkstattidee verfolgt; die bestehenden Akteure fangen gemeinsam mit der Planungsgruppe an und je nach Stand der räumlichen und personellen Möglichkeiten werden Bausteine, Aktivitäten sowie Beteiligte ergänzt und die Konzeption weiterentwickelt. „Werkstattbesuche“ werden für offizielle Stellen und interessierte Bürgerinnen und Bürger jederzeit organisiert.

Eine offizielle Eröffnung soll 2021 erfolgen, sobald die Aufbauphase abgeschlossen ist.“

Wir haben meines wissens 2021 und bald schon 2022. Nichts ist eröffnet worden. Die Vorlage heute, so gut und luxuriös diese Förderung des Ortes sein mag, Championsliga soll es werden, spricht nun von einer Eröffnung anstelle 2021 das Jahr 2025.
Wie sie sich denken können, kann das ganz und gar nicht zufriedenstellen, weil:

  1. Wie begründet, so nicht beschlossen und Beschlusslage missachten wir befürchten.  
  2. Eine Verzögerung in Teilen noch nachvollziehbar sein kann, aber nicht 4 Jahre.
  3. Umsetzung ist nicht an einer festen Örtlichkeiten gebunden, so wichtig ein gut ausgestatteter Ort ist – auch aus fiskalischer Sicht.
  4. Die Pandemie als Grund kann nur bedingt ein Grund sein.
    Eine Selbstorganisation hat in der Pandemie innerhalb von sieben Monaten eine Idee, die Konzeption, die Realisierung, sogar an einem festen Ort und arbeitet seit einem Jahr aktiv. Ich spreche hier von der Bildungsinitiative Ferhat Unvar. Die Stadt soll dafür 5 Jahre brauchen für ein Demokratiezentrum?

Woran hängt es? Am Willen? Wir meinen nicht alleine. Wir bezweifeln sehr an der Personalausstattung, am Zuschnitt von Ämtern, zwei große Ämter Sport und Vielfalt, eine Leitung, obwohl Arbeit für drei, das kann so nicht funktionieren. Was hat die neue Koalition nur gedacht, sparen im Bereich Sport und Vielfalt sei ein Erfolgskonzept? Es muss also jetzt defacto mehr ins Rollen gebracht werden, vor allem inhaltlich, nicht nur in schönen Räumen.

Dass mit der Vorlage gleichzeitig eine Feinjustierung, Ausschreibung der Vergaben und die bauliche Umsetzung eine Eröffnung des Salons der Demokratie in 2025 stattfinden soll, noch extern beraten, ist einfach nicht akzeptabel und nicht schlüssig. Wir erwarten, so die Beschlusslage, dass die Arbeit vollumfänglich Wirkung in der Umsetzung zeigen.

Dies kann sehr wohl durch Übergangsphasen an anderen Örtlichkeiten genutzt werde, die geprüft werden sollten, wie Kulturforum, Volkshochschule und viele mehr Orte in Hanau.

Es muss möglich sein, dass die politische Bildungsarbeit, Begegnungsräume, Koordinierungen, Synergien zwischen den Akteuren heute durchzustarten und nicht bis 2025 warten zu lassen.

Wir stimmen der Vorlage ausdrücklich mit ja, mit deutlichem Apell mehr auf das Tempo zu drücken, als es die Vorlage heute hergibt.

Wir fordern auch mehr Dialog, Beteiligung und Zwischenberichte.

Und um jedes Missverständnis den Atem zu nehmen, die Beteiligten an diesem Projekt soll kein Nichtstun attestiert werden, ganz im Gegenteil, sie machen das Beste, nur müssen vielmehr Kräfte gebündelt werden, um diesen Kraftakt zu stemmen, nach diesem epochalem furchtbaren Ereignis in Hanau.