Wassersensible Stadtentwicklung ist weiter nötig

Sickermulde Venussee
Sickermulde Venussee

Beitrag Schwammstadt – 2022-06-13 – Stadtverordnetenversammlung

Sehr geehrte Frau Stadtverordnetenvorsteherin, meine Damen und Herren,


“Wasser ist der Blutkreislauf der Biosphäre. Aber wir sind dabei, den Wasserkreislauf tiefgreifend zu verändern”, warnte kürzlich die Hauptautorin Lan Wang-Erlandsson vom Stockholmer Resilenz-Zentrum an der Universität Stockholm. Hier wurde 2009 das Konzept der planetaren Grenzen entwickelt. Dieses Konzept beschreibt den sicheren Handlungsspielraum mit neun Regulatoren für menschliches Leben auf der Erde. Wasser gehört zu den Regulatoren. Die sichere Verfügbarkeit von grünem Wasser, also Wasser, das von Pflanzen aufgenommen werden kann – und darum geht es in dem Antrag – ist inzwischen gefährdet.

Gilt dies nur für ferne Länder und Wüsten? Die Antwort ist nein. Ein erschreckender Wasserverlust in Deutschland wurde mit Auswertung der Daten der Grace-Satelliten erst im März 2022 wieder dokumentiert und festgestellt: „Der Wasserrückgang in Deutschland beträgt etwa 2,5 Gigatonnen oder Kubikkilometer im Jahr. Damit gehört es zu den Regionen mit dem höchsten Wasserverlust weltweit.“


Aber auch ganz in der Nähe wird festgestellt, dass der natürliche Wasserkreislauf gestört ist. In einem Gespräch mit dem Wasserverband Kinzig hat der Berater Dr. Hans-Otto Wack auf diese erschreckende Tatsache hingewiesen. Es ist also auch hier vor Ort bereits kurz vor Zwölf um „das kostbare Gut Wasser zu schützen“, wie dies im Antrag der FRAKTION richtig benannt wird.


Richtig ist, dass es bereits Ansätze in Hanau gibt, die auch in einem Konzept zur Schwammstadt beschrieben werden. Diese hat die Kleeblatt-Koalition in den letzten Jahren auf den gebracht.
Das Gründach und Entsiegelungskataster regt Privatleute an tätig zu werden. Einen grünen Haushaltsantrag zur Förderung von Maßnahmen hat die aktuelle Große Koalition jedoch abgelehnt.


Bei der Anpassung von Bebauungsplänen sind nicht die Schottergärten – ebenfalls eine Initiative der Kleeblatt-Koalition – ausschlaggebend, sondern Versickerungsmulden wie im Baugebiet Venussee und Ansätze zur Regenwasserbewirtschaftung im geplanten Baugebiet Bautz-Gelände. Neben Trennung von Schmutz- und Regenwasser im öffentlichen Raum wären hier allerdings auch noch getrennte Leitungen für Schmutz- und Brauchwasser in den Gebäuden wichtig. Übrigens eine Forderung der Hanauer Grünen seit mehr als 30 Jahren.

Viele Bäume, die teilweise sehr beengt in Pflanztrichtern ihr Dasein fristen, wie jetzt von der Koalition aus SPD, CDU und FDP benannt, sind allenfalls ein kleiner Beitrag, auch wenn jeder Baum wichtig ist. Hier ist vielmehr das Schwammstadtprinzip nötig, um den Bäumen ein Überleben zu ermöglichen. Ein wichtiger Baustein in einem Konzept für Hanau.


Eine wassersensible Stadtentwicklung ist weiter dringend nötig – Maßnahmen hierzu werden bereits in der Dokumentation „Anpassung an den Klimawandel in Großauheim, Fokus Gesundheit“ (https://www.hanau.de/mam/Stadtentwicklung/energie_klima/klimaschutzkonzept/2019-08-21_klimafolgen-grossauheim-pdf-web.pdf) beispielhaft beschrieben: Ausbau der blauen Infrastruktur, Entsiegelung von Flächen, Anlage von Grünflächen, Renaturierung, etc. sind hier Stichworte. Selbstredend wurden die Anträge der Grünen zu solchen Maßnahmen im Klimawandel für den Haushalt 2022/2023 von der aktuellen Koalition abgelehnt.

Niederschlagswasser so schnell wie möglich abzuleiten und im Untergrund in der Kanalisation verschwinden zu lassen, wie dies viele Jahre üblich war und auch heute noch in Hanau üblich ist, ist heute nicht mehr der richtige Ansatz.


Höchste Priorität müssen die Vermeidung und Verminderung der anfallenden Abflüsse haben, um das Zusammenspiel zwischen Niederschlag, Bodenfeuchte und Verdunstung zu ermöglichen. Hier sind Wege zu erkunden, im bestehenden System die Versickerung und den Rückhalt von Regenwasser verstärkt zu ermöglichen, z. B. durch Mulden, auch um die Gefahren von Starkregenereignissen abzumildern. Das Schwammstadt-Prinzip dient also der Vorsorge im Katastrophenschutz.

Die Liste von zu ergreifenden Maßnahmen lässt sich lange fortsetzen. Leitfäden und Hinweise darauf, welche weiteren Schritte zu einer Schwammstadt gegangen werden müssen, gibt es inzwischen viele.


Es kann nicht die Frage sein, ob der Magistrat der Stadt Hanau prüft, inwieweit das Konzept „Schwammstadt“ in Hanau umgesetzt werden kann. Damit hinkt die Forderung der aktuellen Koalition im vorliegenden Änderungsantrag den dramatischen Entwicklungen hinterher und verkennt in eklatanter Weise die sich zuspitzende Situation. Notwendig ist – ergänzend zu den bisherigen Maßnahmen – wie von Der FRAKTION gefordert – ein „Konzept Schwammstadt Hanau“ unter Einbeziehung der bisherigen Empfehlungen zu Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel zu entwickeln und umzusetzen. Fördermittel für eine Umsetzung stehen beim Land Hessen und dem Bund zur Verfügung.


Die Fraktion die Grünen unterstützt den Antrag Der FRAKTION und hält den Änderungsantrag der Koalition für unzureichend. Wir stimmen diesem jedoch notgedrungen zu, wohlwissend, dass dies ein Minimalkonsens ist und erwarten eine regelmäßige Berichterstattung im Struktur- und Umweltausschuss.

Es gilt das gesprochene Wort.